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„Mehrzahl der Reichsbürger sind Bankrotteure und wirklich irre…“

11/01/2016
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Bild anklicken, um das Reichsbürger-Handbuch herunterzuladen!

Die Mehrzahl der Reichsbürger sind Bankrotteure, die sich nur mit Verwaltung herumschlagen. […] Übrigens lehnen die Reichsbürger zwar alle Gesetze ab, nicht aber Hartz IV, das wird anerkannt.

Am 5. Januar 2016 erschien in der Märkischen Allgemeinen (MAZ) ein Interview mit Dirk Wilking, dem Herausgeber des Ratgebers „‘Reichsbürger‘ – Ein Handbuch“, das frei im Internet heruntergeladen werden kann. Wilking fand dabei klare Worte, von denen einige so schön sind, dass sie hier wiedergegeben werden sollen:

MAZ: 
Die Reichsbürger berufen sich auf die Weimarer Verfassung. Wer ist eigentlich gerade Reichskanzler?

Dirk Wilking: Das Boot strudelt führerlos durch die Gegend, seit der langjährige selbst ernannte Kanzler Wolfgang Ebel tot ist – das war Ende 2014. Mir ist nicht bekannt, dass ein neuer gewählt wurde. Es spielt auch keine Rolle, das sind Szenen aus der Klapsmühle.

Wilking geht explizit auf den Geisteszustand einiger Reichsideologen ein:

Ein erheblicher Teil der Reichsbürger ist wirklich irre. Ein Finanzamt kann aber einen Bürger nicht als geistig umnachtet erklären. Es muss sich ans Gesundheitsamt wenden, welches dann die Familien kontaktiert. Reichsbürger produzieren außerdem Angst. Wenn einer mit seinem Schäferhund und abstrusen Forderungen zur Behörde kommt, bekommen die Mitarbeiter Panik.

Reichsbürger prahlen im Internet häufig mit ihren „Siegen“. Die Realität sieht laut Wilking anders aus:

Wir hatten einige Fälle in Brandenburg, in denen Reichsbürger wegen Schulden die Flucht ins Ausland angetreten haben. Ein Kneipier aus Oberspreewald-Lausitz, der mit einem siebenstelligen Betrag verschuldet war, setzte sich nach Südamerika ab. Dort wurde er gefasst, ausgeliefert und musste in den Knast. Jetzt ist er in Polen.

Auch auf die steilen Thesen der Reichsdeppen nimmt Wilking Bezug, insbesondere auf ihr Lieblingsthema „Friedensvertrag“:

MAZ: Erkennen Sie in all den Argumenten der Reichsbürger irgendetwas Vernünftiges – und sei es nur ein Kern Wahrheit?

Wilking: Nein. Es handelt sich von A bis Z um Nichtverstehen historischer Prozesse und staatlicher Grundfunktionen. Beliebt ist etwa der nicht existente Friedensvertrags. Als ob es Frieden nur mit Verträgen gäbe! Kaum einer von denen ist Jurist. Sie schnippeln sich aus Gesetzestexten irgendetwas zusammen, das ihnen in den Kram passt.

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Der rbb (Rundfunk Berlin-Brandenburg) beschäftigt sich ebenfalls mit Wilking und seinem Reichsbürger-Handbuch:

Handbuch-Herausgeber Wilking hat noch eine weitere Erklärung für das „Reichsbürger-Phänomen“. „Die meisten sind keine Rechtsextremisten, sondern Bankrotteure. Eigentlich hatten alle Fälle, die ich untersucht habe, ganz einfach Geldprobleme. Und weil sie ihre Bußgelder oder Gebühren nicht zahlen wollen, behaupten sie einfach, dass das deutsche Recht für sie nicht gilt“, argumentiert Wilke.

Für die Mitarbeiter in den Behörden, die Probleme mit „Reichsbürgern“ haben oder sich bedroht fühlen sollten, gibt das Handbuch konkrete Empfehlungen. Mal abgesehen von strafrechtlich relevanten Dingen, die die Mitarbeiter sofort an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben sollten, lauten diese verkürzt in etwa so: keine Endlosdebatte führen und dem Bürger notfalls ins Wort fallen, dem Konflikt nicht aus dem Weg gehen, beim aktuellen Problem bleiben und streng nach dem Dienstweg handeln. Und wie Kriminalpsychologe Jan-Gerrit Keil vom Landeskriminalamt in dem Handbuch schreibt: Keine Therapie versuchen! Diese könnten nur ausgebildete Therapeuten leisten.

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